Kollektives und individuelles Denken
Das ist Teil 4 eines längeren Beitrages, den ich in kleineren Happen veröffentliche. Siehe auch Teil 1, Teil 2, Teil 3. Jeder von uns kann an individuellen Gedanken – aus dem kollektiven Gedankenstrom – anhaften und sie zu „seinen“ Gedanken und Gedankenketten machen. So entstehen individuelle Denkwelten aus denen sich das Ego speist und sich die eigenen mentalen Modelle entwickeln. Für einen Menschen (am Beispiel: Blick aus einem fahrenden Zug) besteht die Welt dann hauptsächlich aus vorüberziehenden Telegrafenmasten, für den anderen aus lauter Bäumen und den nächsten aus Menschengruppen oder eben aus fernen Berggipfeln. Es scheint mir wichtig, zwischen dem kollektiven und dem individuellen Denken zu unterscheiden.
Unser Gedankenstrom
Obwohl wir alle „das gleiche sehen“ und auf den gemeinsam vor uns liegenden Bilderstrom zurückgreifen, haben wir den Eindruck in verschiedenen Welten zu leben. Wenn wir verlernt haben, den kollektiven Gedankenstrom wahrzunehmen und anzuerkennen, weil wir nur mehr an individuellen Gedanken anhaften, dann haben wir es auch verlernt gemeinsam „Flow“ durch Kohärenz unserer Gedanken zu erleben. So individuell, egoistisch oder geheimnisvoll wir auch mit unserer Gedankenwelt umgehen mögen, wichtig ist die tiefe Erkenntnis, dass wir alle nur Anteil am kollektiven Gedankenstrom haben und alle individuellen Gedankendetails immer auch Teil des Ganzen sind.
Hinter der Wahrnehmung
Diese Sicht der Dinge mag fremd erscheinen ist aber keineswegs esoterisches Wissen. Diese Weltsicht ist eine (mögliche) Erkenntnis der modernen Wissenschaften, insbesondere ein (interpretiertes) Ergebnis der Quantenphysik, die uns lehrt, dass auf mikroskopischer Ebene alle „Dinge“ miteinander in Beziehung stehen und die Welt auf geheimnisvolle Art und Weise eine Einheit bildet. Und nur weil auf makroskopischer Ebene die Dinge getrennt von einander erscheinen und für uns so wahrnehmbar sind, heißt das nicht, dass nicht eine dahinter liegende und unserer oberflächlichen Wahrnehmung verschlossene Einheit existiert.
Diese Alleinheit als unendliche Verwobenheit von Allem und Allen ist unsere Welt in der wir leben.
Der eine denkt einen Teil der Gedanken seines Gegenübers, ganz von alleine und ohne es auch verhindern zu können. Die Gedanken der Menschen bilden ein Netzwerk. Jeder einzelne ist auch geistig vielmehr „du“ als wir es für denkbar hielten. Es gibt kein isoliertes ich und kein isoliertes du in dieser Welt, das gilt auch für unser Denken.
Wien, 10.2.2009
Herzlich,
Heinz Peter Wallner
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