Führung muss Beziehungen schaffen
Im Führungskräftetraining geht es um die Frage, wie Atmosphären der Innovation und des Vertrauens entstehen können. Wie schaffen wir durch gute Führungsarbeit einen Raum mit einer hohen Beziehungsqualität?
Man könnte so weit gehen, zu sagen, dass Menschen stets von ihresgleichen besessen sind… Faszination ist unter Menschen die Regel, Entzauberung die Ausnahme.
(Peter Sloterdijk, 1998, Sphären I, Blasen, Seite 211)
Bindung als Grundbedürfnis
Wir kennen heute einige Grundmuster und Verhaltenstendenzen von Menschen, die wir uns in der Führungsarbeit zunutze machen müssen. Ein evolutionär angelegtes Verhalten von Menschen ist der Beziehungsaufbau. Menschen werden bereits mit einem intuitiven, also impliziten Beziehungswissen geboren.
Schon Säuglinge zeigen eine Kompetenz zur Kommunikation mit Gesten, mit der sie ihrem Gegenüber ein Lächeln abgewinnen können. Im Laufe des Lebens steigt im Normalfall unsere Beziehungskompetenz noch erheblich an.
Gefühl der Zugehörigkeit
Im sozialen System eines Teams ist es aber für Menschen mitunter sehr herausfordernd, einen guten Platz zu finden und in sich dauerhaft ein Gefühl der Zugehörigkeit zu erzeugen. Daher ist es Aufgabe der Führungskraft, die Bildung von Teams zu fördern. Die tragende Basis ist dabei eine Kultur des Vertrauens.
Vertrauenskultur unterstützen
Führungskräfte können viel zum Prozess der Vertrauensbildung beitragen. Wer großzügig „spielt“, also wiederholt auf Kooperation und nicht gleich beim ersten Vergehen auf Vertrauensentzug setzt, macht sehr viel richtig.
Vertrauen entsteht immer dort, wo Menschen positiv auf andere zugehen und einen Vertrauensvorschuss geben. Wenn es sein muss, dann braucht es schon mal eine zweite Chance. Mit dieser Grundstrategie können Führungskräfte wenig falsch machen.
Warum aber ist Zusammenarbeit so wichtig?
Können wir nicht konsequent auf begabte Einzelgänger und den internen Wettbewerb setzen? Braucht es immer die gelingende Zusammenarbeit? Peter Sloterdijk bringt es auf den Punkt, wie unser Gehirn arbeitet.
„Auch die These, ich dürfe denken, was ich wolle, ist immanent unhaltbar. Der zerebrale Individualismus würde verkennen, dass ein Gehirn nur im Zusammenspiel mit einem zweiten, und darüber hinaus mit einem größeren Gehirn-Ensemble, zu einer gewissen Funktionsfähigkeit erwacht“. (Seite 271)
„Nur von anderer Intelligenz empfängt Intelligenz die Schlüsselreize zu ihrer Eigentätigkeit. Wie Sprache und Emotion ist Intelligenz nicht Subjekt, sondern Milieu oder Resonanzkreis.“ (Seite 271)
Was soll man von egoistischen Einzelkämpfern dann halten, wenn sie mit Stolz auf „ihre eigene Denkleistung“ verweisen?
Führung schafft Sphären
Wir Menschen haben es gelernt, in Hordenformationen zu leben und uns gemeinsam zu entwickeln. In heutiger Zeit finden wir das Muster der Hordenformation in unseren Projektkulturen wieder. Menschen sind, so Sloterdijk, Sphärenwesen, „die nur im Zusammenspiel mit ihren Ergänzern, Begleitern und Verfolgern Lebensrisiken in der Weltoffenheit meistern…“.
In komplexen Welten werden Sphären, in denen Menschen sich gemeinsam Risiken und Herausforderungen stellen, immer bedeutsamer.
Das Mysterium der Zugänglichkeit
Was trotz unserer angeborenen Beziehungsintelligenz ein gewisses Mysterium bleibt, ist die Resonanzfähigkeit von Menschen. Wir sind für andere Menschen zugänglich, oft lassen wir uns (zu) leicht faszinieren und vereinnahmen. Darin liegt auch ein Aspekt der Leadershipkompetenz, mit der es gelingt, Menschen für sich und die Sache zu gewinnen.
Doch die Resonanz will sich nicht immer einstellen. Für viele Menschen bin ich ein Fels, der jeder Brandung von Annäherungsversuchen standhält und dann wieder, bin ich den Stimmen erlegen und ohne jeden Widerstand aufzuschließen (nach Sloterdijk, Seite 489).
Der Tipp für Sie als Führungskraft
Beziehungen werden für uns immer ein komplexes Spielfeld bleiben. Moderne Führungsarbeit verlangt von uns aber immer mehr Beziehungskompetenz.
- Es gilt „Sphären des Vertrauens“ zu bilden und mit Sinn aufzuladen.
- Unter hoher Komplexität wird Zugehörigkeit zum Erfolgsfaktor, weil sie Intelligenz freisetzt.
- Das Leitkriterium ist die Resonanz. Es gilt: Verstärken, was in Bewegung kommt.
- Dort, wo Energie entsteht und Zusammenarbeit blüht, muss die Aufmerksamkeit der Führungskraft liegen.
Herzlich,
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Weitere Artikel der Reihe:
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Agile? Wider die rationalistische Entgeisterung der Organisation
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Meine Inspirationsquellen für diese Zeilen:
Peter Sloterdijk, 1998, Sphären I, Blasen, Suhrkamp, 2. Auflage
Peter Sloterdijk, 2009, Du mußt dein Leben ändern, Suhrkamp, 1. Auflage
Peter Sloterdijk, 2012, Zeilen und Tage – Notizen 2008 – 2011, Suhrkamp, 2. Auflage
Meine persönliche Darstellung des Self-Leaderships: Heinz Peter Wallner, 2016, TAKE FIVE – Die fünf Schlüssel zu mehr Lebendigkeit und innerer Stärke, Edition Summerhill, 1. Auflage, www.take-five-for-life.de, Link: Book2Look
Visuelle Aufbereitung und mit klarem Führungsbezug: Heinz Peter Wallner, Kurt Völkl, 2017, Fokus Self-Leadership – Gesunde und wirkungsvolle Selbstführung in Zeiten hoher Komplexität, Edition Summerhill, 1. Auflage, www.selfleadership.pro, Link: Book2Look
Video: Veränderung ganzheitlich verstehen – Heinz Peter Wallner auf YouTube
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