Philosophie für Führungskräfte
Verwöhnungstendenzen in unserer Gesellschaft
Meine neue Artikelreihe: „Inspiriert von Peter Sloterdijk“
„Wir leben in einer Raumstation der Verwöhnung, meist unbemerkt, denn es gehört zu den Merkmalen der Verwöhnung, dass sie sich selbst auf jeder erreichten Stufe neutralisiert und zur Selbstverständlichkeit erklärt“.
(Peter Sloterdijk, Ausgewählte Übertreibungen, Gespräche und Interviews, Seite 146)
Sphäre der Zumutbarkeit
Ein Mensch ist aus heutiger Sicht Gestalter seines Lebens und gleichzeitig sein eigener Beobachter. Er lebt sein Leben und sitzt parallel auf dem Regiesessel und betrachtet sich selbst. Sobald dieser aber nur mehr sitzt und aufhört aktiv zu gestalten, sprechen wir von einem verwöhnten Menschen. Er sitzt breit in seiner eigenen Komfortzone und wartet, dass andere die ganze Arbeit machen und ihn schützen. Wir kommen damit in die Sphären der Zumutbarkeit, der Langeweile, des sich treiben lassen und letztlich zum Sloterdijk’schen Begriff der „Treibhausexistenzen“.
Fünf Stockwerke im Verwöhnungsaufzug
Verwöhnungstendenzen in unserer Gesellschaft (Im Weltinnenraum des Kapitals, Seite 334)
Stockwerk 1: Der Traum vom „leistungslosen“ Einkommen
Mit wenig Ursache wird ein Übermaß an Wirkung im monetären Sinn erwartet. Geld und Güter müssen leicht zugänglich sein und ihren Verwöhnungswert voll ausspielen.
Stockwerk 2: Die Absage an das Unerwartete
Wir erwarten Schutz und Sicherheit als Grundrecht, ohne dafür etwas unternehmen zu wollen. Unternehmen müssen auch in Krisenzeiten ein sicheres Schiff, eine Arche, bilden.
Stockwerk 3: Abfederung allen Risikos
Was nicht zumutbar ist, darf nicht passieren. Und wenn doch, dann muss die Versicherung dafür aufkommen. Die Erwartung ist die Sorglosigkeit, für die ein „Jemand“ vorsorgen muss.
Stockwerk 4: Das User-Dasein geht vor Bildung
Ein User hat bekanntlich die Möglichkeit, zu jedem Zeitpunkt auf alle Informationen zuzugreifen. Bildung am Weg des eigenen Erlebens wird zu anstrengend. Die Trainingswelt reagiert mit großem Unterhaltungswert.
Stockwerk 5: Jeder kann etwas werden
Am liebsten ist es den Menschen, sie können auf die Bühne, ohne dabei den Umweg der Übung und des Erfahrens zu gehen. Niemand muss mehr kämpfen, um etwas erreichen zu können.
Wenn aber diese Erwartungen einmal durchbrochen werden und uns in Alarmbereitschaft versetzen, kommt Stress auf. Wir können also durchaus festhalten, dass wir heute von ungemein stressigen Zeiten reden, weil jede kleine Abweichung von unserer Entlastung besonders auffällig wird. Wird eine Organisation zur Zone der Entlastung, geht jeder Form von „Müssen“ die Kraft aus.
Die Dinge werden nicht mehr aus Notwendigkeit heraus erledigt, sondern abhängig von der Laune und eben letztlich nur mehr aus ihr heraus. Führungsarbeit im Raum von Treibhausexistenzen ist also keine leichte Aufgabe.
Herzlich, Ihr Heinz Peter Wallner
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