Der Vorwurf der Verwöhnung gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern poppt im Führungskräftetraining immer wieder auf. In einer Serie von fünf kurzen Beiträgen biete ich Ihnen einige Gedankenskizzen, wie Sie als Führungskraft besser mit Komplexität umgehen und im Gegenzug auf den Vorwurf der Verwöhnung gegenüber den MitarbeiterInnen verzichten können. Lesen Sie rein!
Komplexität und Transformation
Angesichts der andauernden Ignoranz, die unsere Gesellschaft und Wirtschaft gegenüber ihren verheerenden sozialen und ökologischen Nebenwirkungen in der Welt aufbringt, wird der Veränderungsdruck immer stärker. Viele Unternehmen sind dabei schon lange von diesem Druck betroffen und werden immer mehr gezwungen, die große Transformation auszuagieren. Die Commitment-Bereitschaft der Menschen, sich dem Wandel bedingungslos auszusetzen, ist gering. So poppt die dadurch entstehende innere Spannung als Vorwurf der Verwöhnung immer wieder auf. Dabei ist dieser Vorwurf nicht berechtigt. Im Gegenteil. In ihm steckt geballtes Unvermögen im Umgang mit Komplexität. Es ist zu kurz gedacht, in einen populistischen Chor einzustimmen und „Schuld“ bei den verwöhnten Menschen zu suchen.
Verwöhnung ist wie Misstrauen
Verwöhnung hat eine ähnliche Verbreitungstendenz wie Misstrauen. Wer in einer Sache als verwöhnt gilt, der ist, so die Annahme, wohl auch in allen anderen Aspekten verwöhnt. Und wenn der eine Mensch verwöhnt ist, dann ist es sicher auch der andere. Letztlich übertragen wir das Bild auf alle. Es wird zur einfachen Lösung in Organisationen, immer dann, wenn die Führung mit ihrem Latein am Ende angekommen ist, den MitarbeiterInnen den Vorwurf zu machen, sie seien verwöhnt. Jedem Menschen fallen zig Beispiele ein, an denen die Verwöhnung festzumachen ist. Und jedes gefundene Körnchen wird als Bestätigung des Vorwurfes gewertet und fühlt sich daher richtig gut an. Das aber ist der Schwall eines Chors, der Dummheit in die Welt posaunt. Diese Art der Chöre vermehrt sich derzeit besonders schnell. Es ist so befreiend, das scheinbar nicht lösbare Problem durch Übertragung auf Sündenböcke loszuwerden. Die individuellen Menschen sind es nicht, die den Vorwurf der Verwöhnung verdienen. Ich meine sogar: Der Begriff der Verwöhnung ist als Vorwurf für Individuen in Organisationen nicht geeignet.
Was meinen wir mit Verwöhnung eigentlich?
Worüber reden wir, wenn wir von „Verwöhnung“ in Organisationen sprechen? Geht es wirklich um erworbene Rechte, die verteidigt werden, geht es um die kleinen Widerstände, wenn es darum geht, Verschlechterungen zu akzeptieren, geht es darum, dass Menschen nicht alles ertragen oder dass sie ihre Komfortzone nicht freiwillig verlassen wollen? Wohl kaum. Wenn wir über Verwöhnung reden, dann müssen wir unseren Blick heben. Es macht wenig Sinn, das Problem in seinen Auswirkungen im Detail zu betrachten und falsche Schlüsse zu ziehen.
Der Philosoph Peter Sloterdijk bringt es auf den Punkt. Der Mensch muss als verwöhnungsgefährdetes Wesen begriffen werden. Er verwendet das Bild der Raumstation der Verwöhnung. Es ist Teil des Spiels, dass wir jede Vertiefung unserer Verwöhnung als Gewohnheit wahrnehmen und emotional neutralisieren. So können wir immer weiter abheben und den Kontakt zur Erde komplett verlieren. Wir könnten einmal Verwöhnung als das sehen, was sie ist. Ein normaler Prozess, der über Gewohnheiten abläuft und wie alles im Leben, zwei Seiten hat. Eine feine, weil wir damit unser Leben angenehmer gestalten können, eine unfeine, weil wir Gefahr laufen, das Beste im Leben zu verpassen. Wer seine Wärmestube nicht verlässt, hat es gemütlich und lebt risikofrei, aber es fühlt sich langweilig an und entkoppelt uns vom „Zug nach oben“. Wir sind dann nur mehr „etwas“ und haben aufgehört, zu werden, was wir wirklich sind. Andererseits ist der Tendenz sich zu verwöhnen, wohl eine der Triebfedern für unseren wirtschaftlichen Fortschritt.
Habe ich Ihr Interesse am Thema geweckt?
Hier geht es direkt zum zweiten Teil!
Herzlich,
Heinz Peter Wallner
Anmerkungen:
Um in die neue Welt der agilen Führung schnell einzutauchen, empfiehlt sich das Buch: Coopers Welt – Leadership für eine neue Zeit, www.cooperswelt.de – diese leicht lesbare, sehr unterhaltsame Business-Story beschreibt, was sich in vielen Unternehmen heute abspielt. Begleiten Sie Cooper im Arbeitsalltag einer Welt in Transformation! (Eco-Premium Print oder eBook)
Eine Variante des Artikels ist in: managerSeminare 222, August 2016, Seite 16 – 17, im Speakers Corner erschienen. Für Leser der ManagerSeminare geht es hier zum Artikel: Heinz Peter Wallner – Speakers Corner
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Eine Präsentation zur Vertiefung
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