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Selfleadership – Über das Prinzip Aufschub und die Bühnen
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Als Führungskraft „ganz zur Welt kommen“? Damit ist mehr gemeint, als bloß Führungskraft zu werden. Das zur Welt kommen braucht sieben Momente, wie das Peter Sloterdijk in seiner kleinen Weltpoetik „Zur Welt kommen, zur Sprache kommen“ beschreibt: Entbindung, Dringlichkeit, Initiative, Zurückstellung, Bühne, Weitergabe und Freispruch.
Entbindung und Dringlichkeit
Das erste Moment ist das Apriori der Entbindung. Um Führungskraft zu sein, müssen sie zunächst als Führungskraft ausgewählt und bestimmt werden. Sie lösen sich aus einem alten Verbund und betreten einen neuen Raum. Der Entbindung folgt das Apriori der Dringlichkeit. Sie werden vom ökonomischen Prinzip vereinnahmt und müssen Notwendigkeiten und Dringlichkeiten erkennen. Über die Dringlichkeit habe ich bereits einen Artikel geschrieben [Womit soll ich bloß anfangen?].
Moment der Initiative – der Anfang
Dem Druck der Dringlichkeit können wir nur durch eine Initiative entkommen. Wir müssen etwas beginnen, einen neuen Anfang setzen [Selfleadership braucht einen Anfang]. Auch das ist kein normales Anfangen, es ist mehr das Sich-selbst-in-Aktion-bringen. Wir nennen das Selfleadership.
Prinzip Aufschub
Das vierte Element ist das Zurückstellungsapriori. Wir können es auch das Prinzip Aufschub nennen. Darüber möchte ich Ihnen einige Gedanken näher bringen. Wie kommt es dazu, dass wir Wichtiges oft zur Nebensache erklären und vor uns herschieben? Um wichtig zu sein, müssen sich Dinge derart aufdrängen, dass sie nicht warten können. Solche Aufgaben aber haben wir mit der Dringlichkeit bereits abgearbeitet. Was bleibt, sind die besonders schwierigen Dinge, die zu groß sind, um gleich erledigt zu werden. Wir haben keine andere Wahl, als sie vorübergehend aufzuschieben.
„Wir machen mit dem Nichternstmachen ernst und erheben den Aufschub zum Prinzip“ (Sloterdijk, Seite 130).
Damit wird auch die Führungswelt zu einem Platz der nebensächlichen Initiativen. Es wird das Dringliche erledigt, um sich dann den Nebensachen zu widmen. Wir agieren dann in den Vorräumen der Wichtigkeit. Diese Nebensachen lassen sich nach allen Künsten bearbeiten. Wir neigen dazu, unser Leben auf den Trainingsplätzen zu verbringen, um dem eigentlichen Spielfeld zu entkommen. Wir haben damit einen Verwöhnungsaufzug bestiegen.
Auf die Bühne!
Wirkliche Bedeutung erlangt unser Training auf den Nebenschauplätzen aber nur, wenn wir auch bereit sind, zu den Hauptsachen aufzusteigen. Wir müssen immer wieder eine Bühne betreten, uns selbst zur Schau stellen und die wirklich bedeutsamen Dinge verhandeln. Hier geht es um das Große! Wenn wir uns auf die Bühne hinaufwagen, müssen wir „hervortreten und sichtbar werden“. In gewisser Weise wiederholen wir dabei nach Peter Sloterdijk immer wieder das Drama der Geburt.
„Kulturen sind also nicht nur soziale „Systeme“, in denen Entbindungen stattfinden, wo Dringlichkeiten verarbeitet, Initiativen ergriffen und Vorfelder eingerichtet werden. Sie sind vor allem bühnenbauende Systeme.“ (Sloterdijk, Seite 133).
Alltag im Führungsleben
Der Führungsalltag gewinnt an Bedeutung, wenn wir uns in die Arena wagen, uns den bedeutsamen Dingen aussetzen und dabei immer wieder neu zur Welt kommen. Ausruhen und entspannen können wir in den Nebenräumen des Aufschubs, ebenso wie trainieren, damit wir auf der Bühne eine gute Figur machen. Die Essenz der Führungsarbeit bilden also die zwei untrennbar verbundenen Dinge, das bewusste „Zur Welt kommen – die Initiative in die offene Führungswelt“ und das „auf die Bühne gehen,“ um die Notwendigkeiten zu verhandeln.
Mein Tipp für Führungskräfte
Wer Führungskraft sein will, muss Führungskraft werden. Treten Sie bewusst in die Führungswelt ein. Genießen sie das Training auf den nebensächlichen Plätzen so gut Sie können, sobald Sie Dringliches erledigt haben. Machen Sie sich dann den Führungsalltag zur Übung! Dieses Training aber muss einem Ziel gewidmet sein. Es kommt der Tag, an dem Sie Ihre erlernten Künste in der Arena einsetzen müssen. Nur dann wird Führung ein „Abenteuer von Welt“.
Herzlich,
Heinz Peter Wallner
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Mehr zu meinen Führungskräftetrainings: LINK – Book Heinz Peter Wallner
Wollen Sie auch theoretisch tiefer gehen? Ich empfehle Ihnen: Peter Sloterdijks Gedankenfeuerwerk „Zur Welt kommen – Zur Sprache kommen“, Frankfurter Vorlesungen, edition suhrkamp, Band 505, 12. Auflage, 2017. Diese Gedanken haben mich bei diesen Zeilen inspiriert und angeleitet.
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