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Selfleadership braucht einen Anfang
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Persönliche Entwicklung fußt auf einigen Grundprinzipien. Eines davon ist das Prinzip „Anfang“. Sage mir, wie dein Veränderungsvorhaben beginnt und ich sage dir, wie es endet. Peter Sloterdijk hat in seinen Frankfurter Vorlesungen „Zur Welt kommen – Zur Sprache kommen“ Bausteine einer Poetik des Anfangens zusammengetragen. Selfleadership und der Anfang – oder besser „das Anfangen“ – hängen sehr eng zusammen.
Die Erfahrung zeigt wachen Menschen, dass im Beginn von Ereignissen deren Verlauf sich schon abzeichnet, weshalb sie jeden Anfang wichtig nehmen und mit Aufmerksamkeit betrachten.
(Rüdiger Dahlke)
Bücher ohne Anfang und Ende?
Kennen Sie Jorge Luis Borges‘ unheimliche Erzählung vom Sandbuch? Die Geschichte handelt von einem heiligen Buch aus Indien, das keinen Anfang und kein Ende hat. Dem Leser, der versucht, die erste Seite aufzuschlagen, kann es nicht gelingen, weil sich immer eine weitere Seite auftut und kein Anfang zu finden ist. Gleiches erfährt der Leser, wenn er das Ende des Buches zu finden versucht. Alle Versuche sind zum Scheitern verurteilt. Das Buch ist wie Sand, auch der hat keinen Anfang und kein Ende, so wird erzählt. Peter Sloterdijk schreibt: „Ein Buch ohne Anfang und Ende ist für menschlichen Besitz ungeeignet, der Verstand gerät in Gefahr, sich ans Monströse zu gewöhnen und blättert einer zuviel in dem maßlosen Buch, so riskiert er, selbst zum Monstrum zu werden“ (Seite 33).
Anfangen oder am Anfang anfangen?
Im Selfleadership sehen wir uns immer wieder aufgefordert, etwas neu anzufangen. Wo aber sollen wir beginnen? Wie weit gehen wir zurück und was sind wir bereit, in Frage zu stellen? Wir können jederzeit etwas neu anfangen. Was aber macht uns sicher, dass dieser Neuanfang der richtige ist? Selfleadership will nicht anregen, einen beliebigen Anfang zu setzen, es will motivieren, bei sich ganz bewusst zu beginnen.
Vom Strom der Kultur getragen
Genaugenommen hat auch unser Leben keinen Anfang, jedenfalls keinen erinnerbaren. Wir kommen zur Welt und werden anfangs geformt von einem „Strom der Überlieferung“. Aus dem Anfangen wird ein „bereits angefangen sein“. Wir sind getragen von einem Urvertrauen, dass wir in einen hellen und ungiftigen Strom eintauchen und langsam zu uns kommen und – anstatt wirklich anzufangen – einfach die Staffel übernehmen können.
Selfleadership und die Übernahme
Wir beginnen aktiv mit unserer Selbstführung, wenn wir ganz bewusst „zur Welt kommen“ und die Staffel der Verantwortung übernehmen. Es scheint mir nicht so wichtig, ganz am Anfang anzufangen. Wichtiger ist es wohl, bei sich selbst anzufangen. Peter Sloterdijk meint: „Es besagt zunächst nicht mehr, als dass Menschen, um zu einer Welt zu kommen, etwas anfangen müssen – ohne eigenes Anfangen keine Welt“ (Seite 119). Damit wir ein „Subjekt“ werden und das Abenteuer des Lebens beginnen können, müssen wir eine Initiative ergreifen.
Was heißt das für eine Führungskraft?
Selfleadership braucht einen Anfang. Sie können diesen Anfang jederzeit setzen. Verwechseln Sie das aber nicht mit einem „sich selbst ab jetzt wichtig nehmen“ oder einem „sich etwas zusätzlich aneignen“. Das „Mit-sich-anfangen“ bedeutet, sich dem ganzen Führungsleben bewusst auszusetzen, sich anstarten, sich als Prototyp zur Wirkung bringen, den Weg ins unbekannte Neue zu beginnen, das ganze Gewicht und die ganze Last bereitwillig auf sich nehmen, sich bei Bedarf auch einmal übernehmen und an die Grenzen gehen. Und auf diesem Weg dann bereitwillig annehmen, was aus mir selbst wird. Anfangen ist also eine Entbindung aus dem Bekannten und Gewohnten, eine Initiative ins Offene.
Herzlich,
Heinz Peter Wallner
Zu diesem Artikel hat mich wieder einmal Peter Sloterdijk inspiriert. In diesem Fall war es das Gedankenfeuerwerk „Zur Welt kommen – Zur Sprache kommen“, Frankfurter Vorlesungen, edition suhrkamp, Band 505, 12. Auflage, 2017.
Mehr über die Prinzipien der Veränderung: Siehe das Buch „Colours of Happiness“ von Dodo Kresse
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