Flowteams und Selbstorganisation
Die Materie trägt die inhärente Eigenschaft zur Entwicklung in die Richtung höherer Komplexität der Welt. Demnach geht die Entwicklung ganz von selbst in Richtung immer höhere Komplexität. Die treibende Kraft ist Selbstorganisation. Dieses Gesetzt gilt auf der Mikroebene. Wie aber sieht es auf der Makroebene aus? Im Artikel „Flowteams und Selbstorganisation“ gehe ich auf Suche nach der Selbstorganisation in Teams.
Was ist Selbstorganisation?
Der Nobelpreisträger Friedrich von Hayek liefert eine schöne Definition von Selbstorganisation in Unternehmen:
„es gibt nur einen Weg, die Grenzen der geistigen Leistungsfähigkeit des einzelnen zu überwinden, nämlich den, jene überindividuellen Kräfte der „Selbstorganisation“ zu mobilisieren, die spontane Ordnungen schaffen“.
Selbstorganisation entspricht der spontanen Entstehung von Ordnung (zu finden in: Heinz von Förster „Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners – Gespräche für Skeptiker“). Wenn wir von Ordnung durch Selbstorganisation sprechen, dann ist damit keine Ordnung gemeint, die sich aus einem statischen Gleichgewicht der Kräfte ergibt. Eine solche Ordnung finden wir beispielsweise in der Atomstruktur der Kristalle oder in den „gottgewollten“ Ordnungen der Organisationen, in den Hierarchien. Das sind thermodynamisch stabile Gleichgewichte, die lange bestehen bleiben und kaum Energie brauchen (ein Bild dazu: eine Kugel liegt in einem Tal).
Lebendige Ordnungen
Ordnungen durch Selbstorganisation hingegen sind gleichgewichtsferne, dynamische Ordnungszustände, die einen hohen Energiedurchfluss benötigen, um temporär stabil zu bleiben. Es ist das Leben, das sich durch solche Fließgleichgewichte, die fern des thermodynamischen Gleichgewichts liegen, auszeichnet. Die Ordnungen der Selbstorganisationen fordern viel Energie, es sind die Strukturen des Lebens.
Mehr über Selbstorganisation in Organisationen finden Sie in folgendem Artikel:
Selbstorganisation, eine Eigenschaft der Materie?
Wir könnten somit zum Schluss kommen, dass die „göttliche“ Hierarchie und die Selbstorganisation einander widersprechen, bzw. dass sich zwischen den beiden extremen Polen eine sehr große „aporetische Spannung“ aufbaut (aporetische Konflikte = Widersprüche). Diese Aporie bewegt Unternehmen und bereitet sie auf den Wandel vor.
Entwicklungsstufen von Organisationen
Sehr grob betrachtet lassen sich einige Stufen in der Entwicklung von Organisationen darstellen:
Erste Stufe: Hierarchie
Diese Unternehmen haben sich ihre Ordnung von der katholischen Kirche abgeschaut und kamen so auf das Prinzip der Hierarchie, der absoluten, gottgewollten Ordnung. In Hierarchien sind aporetische Konflikte strukturell verankert. Die Energie der Struktur siegt über die Energie der Menschen, sodass kein Platz für Lebendigkeit bleibt. Dennoch kann mit genügend Macht, die von der Hierarchie ausgeht, ein maschinelles Funktionieren der Organisation und ihrer Menschen möglich sein. Solange sich die schöpferischen Kräfte nicht laut in den Vordergrund spielen, ist das Unternehmen stabil und oft auch erfolgreich.
Zweite Stufe: Hierarchie mit Projektorganisation überlagert
Den starken Trieb der Unternehmen, ihre Hierarchien zu verflachen und mit einer Projektorganisation zu hinterlegen, der in den letzten Jahrzehnten sehr klar zu erkennen war, interpretieren wir wie folgt. Ein erhöhter Veränderungsbedarf braucht Menschen, die ihre Kreativität und somit einen Teil ihrer schöpferischen Kräfte in die Organisation einbringen. Die reine Hierarchie ist dazu nicht die richtige Umgebung. Werden hingegen Projekte quer zur Hierarchie aufgesetzt, so entstehen quasi hierarchiefreie Arbeitsräume, die den aporetischen Konflikt zwischen Mensch und Organisation auf eine neue Ebene bringen.
Auf dieser Ebene weichen die Mächte der Struktur zugunsten der schöpferischen Kräfte der Menschen zurück. Die Organisation wird mit einer erhöhten Kreativität beschenkt. Natürlich finden sich auch auf dieser neuen Ebene wieder aporetische Konflikte, die erneut Spannungen erzeugen. Auch die Projektorganisation kann sich der Macht der Hierarchie nicht entziehen. Am Ende des Tages gilt wie immer „Ober sticht Unter“. Auf dieser spannungsreichen, sehr energetischen Stufe würde ich auch die Matrixorganisation einordnen. Sie schaltet die Hierarchie nicht aus, sondern überlagert sie mit einer prozessorientierten Struktur. Die Macht der Hierarchie und ihre gleichgewichtsnahe, lebensfeindliche Ordnung, werden abgeschwächt, aber nicht beseitigt.
Dritte Stufe: Hierarchie, Projektorganisation und selbstorganisierte, prozesshafte Teams
Was passiert, wenn selbst die Projektorganisation nicht mehr ausreicht, die inneren Kräfte für einen entscheidenden Wandel zu mobilisieren? Dann muss die Organisation die nächste Stufe der Entwicklung ermöglichen. Mit einem selbstorganisierten, prozesshaft aufgestellten Team, das ideale Rahmenbedingungen für Selbstorganisation erhält, kann eine neue Entwicklung eingeleitet werden. Dieses Team formiert sich in einem möglichst hierarchiefreien Raum, der auch frei von einengenden Vorgaben und fordernden Projektstrukturen bleiben muss.
Gleich vorweg, auch mit einer solchen Struktur wird die Macht der Hierarchie nur ein weiteres Stück zurück gedrängt. Aber auch auf dieser nun schon sehr lebendigen Ebene siegt am Ende die Hierarchie, sodass die aporetischen Konflikte nur eine weitere Stufe höher angesiedelt werden. Immerhin aber sind die Konflikte aus den Aporien der Motor der Entwicklung.
Selbstorganisierte Teams: Flowteams und Selbstorganisation
Wie kann man nun in einem Unternehmen ein selbstorganisierendes Team aufsetzen, ohne das Vorhaben als Projekt zu organisieren? Vor über zehn Jahren wurde eine Broschüre veröffentlicht, die ebenso die Flow-Idee aufgreift und für jeden Menschen, der mit Unternehmen arbeitet, aus meiner Sicht sehr viel Inspiration bringen kann. Sie heißt: „FlowTeams – Selbstorganisation in Arbeitsgruppen“ von Martin Gerber und Heinz Gruner. Sie nähern sich dem Flow-Thema von der Perspektive der Selbstorganisation eines Teams. Diese Broschüre kann ich nur empfehlen.
Mich selbst hat Mihaly Csikszentmihalyi mit dem Flow-Prinzip (Flow: Das Geheimnis des Glücks) und seinem weiteren Buch „Dem Sinn des Lebens eine Zukunft geben“ wo er die Idee der „Zukunftszellen“ vorbringt, zu einem sehr erfolgreichen Projekt mit einem meiner Kunden inspiriert. Dort haben wir vor einigen Jahren ein selbstorganisiertes QuerdenkerInnen-Team ins Leben gerufen. Damit gewann die Organisation ein Best Practice Certificate beim EPSA2009 (European Public Sector Award).
Herzlich,
Heinz Peter Wallner
Weitere Artikel zum Thema finden Sie hier:
Die Selbstorganisation einer Organisation – Gedankenskizzen
Also was ich da alles im Internet finde wenn ich einfach „ipod gewinnen“ google ist sensationell!!!! Unsere Wege scheinen sich immer wieder zu kreuzen – zumindest die elektronischen. Das finde ich toll.
In meinem Kopf entsteht eine kleine Idee wie das BEX-Team und das Thema Gesundheit bei uns gepusht werden könnte. Vielleicht sehen wir uns ja bald und dann können wir das (und vieles mehr) bequatschen!!!!
GLG Buddy