Unsere Grundbedürfnisse
Die Grundbedürfnisse von uns Menschen sind einfach zu verstehen. Klaus Grawe meint, dass wir nach Bindung, Orientierung und Kontrolle (über das, was geschieht), Lustgewinn, Selbstwerterhöhung und letztlich nach einem Sinnzusammenhang, der Kohärenz genannt wird, streben. Und das gilt auch für Führungskräfte. Wenn wir heute in die Welt blicken, kann einem ziemlich bange werden. Denn, was auf uns zukommt ist mächtig, aber hält sich im Nebel verborgen. Fast alle unsere Bedürfnisse, deren Befriedigung ganz nebenbei unsere Gesundheit erhält, werden intensiv in Frage gestellt.
Unterwegs im Nebel
Die Propheten der VUCA Welt meinen, alles ist in Veränderung, unsicher, komplex, daher nicht rational verstehbar und dann auch noch widersprüchlich. Und wenn die Welt schon „vuca“ ist, dann unterziehen wir gleich alle Systeme einem tiefgehenden Wandel. Organisationen werden neu erfunden, Hierarchien als Ansatz von gestern verworfen, weil sie unter vuca-Bedingungen nicht mehr überlebensfähig sind. Und mit im Paket der hoch erregten Organisations- und Führungscommunities wird dann auch gleich die Führung ganz neu erfunden. Während die einen Führung „nur“ neu erfinden, wollen die anderen Führung überhaupt ganz absagen. Braucht doch niemand mehr, oder? Am Ende wird noch die Königsdisziplin des Managements, die Strategie, am Altar des Wandels geschlachtet. Zurück bleibt ein angsteinflößendes „Segeln auf Sicht“. Sind Sie schon einmal bei starkem Nebel und unruhiger See auf einem Segelboot ohne Navigation gewesen?
Was uns bleibt, ist die Lust
Von unserem Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle können wir uns also verabschieden. Zur Selbstwerterhöhung trägt die Erkenntnis, alle alten Erfahrungen und Kompetenzen sind keinen Penny mehr wert, auch nicht gerade viel bei. Und wer in der heutigen Welt noch einen Sinnzusammenhang herstellen und vermitteln kann, dem ist nur zu gratulieren. Es bleibt uns einzig der Lustgewinn, der noch ausgelebt werden kann. Dazu bietet der neue vuca-Seminarbetrieb rund um Creativity Labs und Design-Thinking eine willkommene Abwechslung. Spielen lenkt uns von wahren Problemen ab, weil wir in einen Flowzustand kommen. Alles in Allem wird der „normalen“ Führungskraft gerade der Boden unter den Füßen weggezogen. Daher meine Frage: Gibt es irgendeinen Strohhalm, den wir mit gutem Gewissen anbieten können? Gibt es ein Stückchen Sicherheit im Change-Delirium?
Das große Erwachen
Wenn wir offen in die Welt und auf die heutigen Entwicklungen blicken, dann müssen wir zugeben, dass wir allen Grund haben, uns etwas wirklich Gutes zu überlegen. In meinem letzten Post habe ich zehn Gründe präsentiert, warum so einiges dafür spricht, über eine neue Form der Führung intensiv nachzudenken. Am meisten beschäftigt mich aber der exponentielle Wandel in der Technologie. Das eben einsetzende „große Erwachen der A.I.“ (artificial intelligence) wird unsere Welt so weit verändern, dass wir uns kaum eine Vorstellung von möglichen Auswirkungen machen können (The great A.I. awakening – nytimes).
Aber diese Erkenntnis ist auch nicht gerade hilfreich für eine Führungskraft, die in alten Strukturen gefangen ist.
Hilfe liegt in der Selbsthilfe
Das klingt zunächst massiv enttäuschend, oder? Ich sehe das aber anders. Sie sind Führungskraft? Niemand kann Ihnen heute genau sagen, wie Sie morgen erfolgreich führen können. Wir wissen heute nur wenig darüber, welche Fähigkeiten und Kompetenzen wir den Geistern der A.I.-Maschinen entgegenhalten können. Expert/innen-Wissen ist es definitiv nicht. Was aber werden wir in der Welt, die sich in einer großen Transformation befindet, wirklich brauchen? Vielleicht Menschen, die ihre menschlichen Qualitäten meisterlich entwickelt haben?
Das sind aus meiner Sicht Menschen, die innere Stärke zeigen. Menschen, die anderen Mut machen und durch Veränderung geleiten können. Menschen, die an sich Glauben und andere mit Visionen und Sinn begeistern zu vermögen. Menschen, die emotional-intuitive Qualitäten haben, die auch unter hoher Komplexität sinnvoll entscheiden können. Kurz zusammengefasst: Es geht um Menschen, die eine hohe „Lebendigkeit“ in sich tragen! Und wer kann uns dabei helfen? Zuallererst braucht es Willenskraft, die nur aus mir selbst kommen kann und die Entscheidung zur ganzheitlichen und radikalen Weiterentwicklung. Daher liegt die Hilfe in der Selbsthilfe!
Moonshot-Skills für Führungskräfte
Von allen Fähigkeiten und Kompetenzen, die wir uns aneignen können, scheinen mir die am wichtigsten zu sein, die zu mehr Lebendigkeit führen. Ich nenne diese Kompetenzen die „Moonshot-Skills“ für Führungskräfte. Viele der Aspekte kommen uns bekannt vor. Es sind teilweise die grundlegenden Softskills, die auch in der Leadership-Debatte postuliert wurden. Aber die Moonshot-Skills gehen weiter und brauchen eine radikalere Grundhaltung und vor allem Offenheit gegenüber einer neuen Welt.
Moonshot-Skills für Führungskräfte sind:
- Ganzheitlichkeit, spirituelle Skills, Mindfulness, Heart-Coherence
- Gelingende Beziehungen, Empathie, tiefes Zuhören, Menschen verbinden
- Dialoge initiieren und aktiv halten (Menschen ins kollektive Denken bringen)
- Emotional-intuitive Kompetenzen aufbauen (intuitive Intelligenz, auf die innere Stimme hören, Entscheiden mit dem Herzen)
- Widersprüche synthetisieren und Konflikte auf eine höhere Ebene bringen
- Selbsterkenntnis und Reflexion, Entwicklung innerer Stärke, Lebendigkeit kultivieren
- Mindset: Ich bin in Entwicklung, ein lernender Mensch, neugierig, am Weg der Meisterschaft.
Aus meiner Sicht lassen sich diese Moonshot-Skills am besten in einem umfassenden und ganzheitlichen Self-Leadership-Prozess entwickeln. Der Einstieg in die neue Welt beginnt also mit einem neuen Fokus: „Fokus Self-Leadership“. Dabei verstehe ich unter dem Begriff Self-Leadership folgendes: „Self-Leadership ist die bewusste Beeinflussung der eigenen Gedankenwelt, der inneren Haltungen und der Gefühlswelt, des gesamten Handlungsspektrums und der Lernprozesse, um die eigenen kreativen Potenziale zur vollen Wirkung zu bringen.“
Somit ist Self-Leadership die erste Phase der Entwicklung. Team-Leadership und Sustainability-Leadership sind die weiteren Phasen. Immerhin wollen wir mit den neuen Skills im Team zur Wirkung kommen und am Ende einen Beitrag zur Entwicklung der Welt (sustainable development) leisten.
Resümee
Fokus Self-Leadership ist ein konsequenter und ganzheitlicher Weg zu mehr Lebendigkeit und innerer Stärke als Führungskraft. Und das ist der Anfang der Entwicklung. Es ist die einzige Sicherheit, die wir heute in unserer komplexen Wirtschaftswelt finden können. Jede Investition in die Moonshot-Skills wird einen hohen „return on effort“ bringen, jede heute eingesetzte Minute wird sich rechnen. Geht es doch dabei um Sie!
Herzlich,
Ihr Heinz Peter Wallner
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