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Die Sprache der Macht – Ideen für eine neue Führungskommunikation

Die Sprache der Macht – Ideen für eine neue Führungskommunikation
by Heinz Peter Wallner

Die Sprache der Macht – Ideen für eine neue Führungskommunikation

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort. Sie sprechen alles so deutlich aus: und dieses heißt Hund, und jenes heißt Haus, und hier ist Beginn, und das Ende ist dort (RMR). Führungskommunikation ist in der Führungsarbeit wohl der entscheidende Punkt, der einen Unterschied macht.

Kommunikation Sesselkreis: Das Bild zeit einen Rasen, auf dem rote einfache Klappsessel aufgestellt sind. Es war offensichtlich ein Sesselkreis, der nach dem Verlassen der TeilnehmerInnen nun etwas unordentlich aussieht.

Kommunikation Sesselkreis

Vielfalt der Aussagen

Der Microblogging-Dienst Twitter bietet eine unfassbar große Vielfalt an Aussagen und Meinungen von Menschen zu sehr unterschiedlichen Themen an. Genau das macht Twitter.com so spannend. Was mir unlängst wieder aufgefallen ist und genügend Grund abgibt, darüber kurz zu schreiben, ist die Art der Dialoge, die auf Twitter stattfinden.

Dazu habe ich keine Studie gemacht, ich gebe hier nur meine bescheidene Sicht der Dinge wieder. Ich referenziere meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen. Diese Beobachtung beschränkt sich aber nicht auf Twitter, es scheint das dominierende Kommunikationsmuster überhaupt zu sein.

Sprache der Macht

Gerade in Kreisen von Menschen, die sich einer besseren Welt verschrieben haben, die auf nachhaltige Entwicklung in ihrer Ganzheit oder einfach auf einen Teilaspekt abzielen, jedenfalls aber eine gesellschaftliche, wirtschaftliche Entwicklung mit initiieren wollen, finden wir viele Hinweise auf eine „Sprache der Macht“.

Wir könnten diese Sprache auch „Amtssprache“ nennen. Was verstehe ich darunter? Ein Beispiel: Jemand sendet einen Tweet zu einem Thema. In manchen Fällen, bei weitem nicht immer, folgt dem Tweet dann ein „Gespräch“, wie das bei Twitter genannt wird. D.h. jemand unter den Followern greift den Tweet auf und antwortet in bestimmter Weise.

Meinungen am freien Markt

Wie im normalen Alltagsleben werden auch hier Meinungen ausgetauscht. Dabei steht die „Sprache der Macht“ im Vordergrund. Immer wieder geht es um die eine zentrale Frage: Ist das richtig oder ist das falsch? Und wenn es falsch ist, dann muss ich das gleich kund tun.

Hey, ich bin anderer Meinung! Dein Punkt ist falsch, willkürlich, nicht argumentierbar, du versteht das nicht, oder verstehst es eben falsch, weil anders als ich … etc. Immer wenn wir die Wertung „richtig oder falsch“ ins Spiel bringen, sind wir in der Sprache der Macht.

Überwindung der Machtssysteme

Dabei sollten gerade die Machtsysteme überwunden werden und lebendigere Systeme wachsen dürfen. Solche Systeme können sich aber nur entfalten, wenn wir auf Wertungen / Bewertungen verzichten lernen. Wir sagen dann nicht, dass es richtig ist, wir sagen auch nicht, dass es fasch ist. Wir kommunizieren nur unsere Annahmen, die möglicherweise zu anderen Erkenntnissen führten.

Das ist der Unterschied zwischen der Diskussion, die den Austausch von Standpunkten forciert, und dem Dialog, wie ihn David Bohm beschrieben und praktiziert hat. Beim Dialog geht es um ein wechselseitiges Verstehen, um einen Verstehensversuch. Das kann mir nur mit Empathie gelingen und dazu muss ich innerlich frei von Wertungen sein.

Solange ich die Antwort als Gegenposition in mir aufkommen spüre, ist die Wertung schon erfolgt und meine Sprache ist nicht mehr gewaltfrei (siehe dazu Christian Rüther)

Bild Twitterküken Copyright detrans - via Dodo Kresse

Bild Twitterküken Copyright detrans – via Dodo Kresse

Lebendigkeit in der Führungskommunikation

Mehr Lebendigkeit – und somit wohl auch mehr Nachhaltigkeit – in unseren Systemen setzt eine lebendigere Sprache voraus, die auf Gewalt zunehmend verzichtet. Hier ist natürlich Marshall Rosenberg mit seiner „Gewaltfreien Kommunikation“ der große Pionier. Richtig, falsch, gut oder schlecht, etc. sind Wertungen, die immer das Denkmuster einer Autorität voraussetzen, die über andere urteilen darf.

Meist werden dabei Menschen unter Druck gesetzt, in ein Eck gedrängt oder denunziert. Jedenfalls ist das ein Kampf, ein Streit um Worte. Siddhartha (H.Hesse): „Es ist an Meinungen nichts gelegen, sie mögen schön oder hässlich, klug oder töricht sein, jeder kann ihnen anhängen oder sie verwerfen“  (Brauchen wir Meinung und Wahrheit?).

Kein Streit um Worte

Ich bin mir sehr sicher, dass Entwicklung zur Ganzheitlichkeit genau hier ansetzen muss. Der Streit um Worte ist nicht sinnvoll, er führt jedenfalls zu keiner Entwicklung. Kaum einmal ist es notwendig, das Licht des anderen auszublasen, um das eigene leuchten zu lassen.

Gerade im Umfeld der nachhaltigen Entwicklung sind wir mit einer Vielzahl an nicht entscheidbaren Widersprüchen – sogenannten Aporien – konfrontiert (Link). Die VertreterInnen der Positionen stehen einander gegenüber und führen einen Schattenkampf.

Ein Beispiel: Die Nachhaltigkeits-Aporie der Organisationen, der Unternehmen zeigt sich im Spannungsfeld zwischen Effizienz und Sinn. In der Überhöhung kommen wir zum Schattenkampf zwischen Entmenschlichung durch Maschinendenken und der ewigen Sinndebatte mit Ertragsverlust. Auf dieser Ebene ist der Widerspruch nicht lösbar und der Austausch von Standpunkten nur hinderlich.

Bewertungen aussetzen

Bewertungen in den Kategorien richtig oder falsch sind in dieser Frage nicht angebracht. Beide Seiten sind für sich richtig/falsch, jedenfalls aber aus der jeweils anderen Sicht berechtigt. Wahre Entwicklung braucht das Verständnis einer Integration beider Widerspruchspositionen in Form einer Synthese, einer Lösung auf höhere Ebene. Eine solche Lösung kann die Kraft beider Positionen nutzen.

Ich würde mir jedenfalls auf Twitter, Facebook & Co besonders in den Nachhaltigkeits-Communities weniger Meinungsfeststellungen und Rechthaberei wünschen. Ein Dialog, der Ideen aufgreift, der Annahmen, die zu unterschiedlichen Positionen führten, offen legt und im Sinne der Entwicklung iterativ Lösungen hervorbringt, würde mich hingegen freuen.

Ein Tipp für die Führungskommunikation

Ein neuer Umgang mit Wertungen – auf die wir natürlich nicht immer verzichten können – kann unser aller Leben bereichern. Als Grundregel könnten wir annehmen: Setze Bewertungen aus (besonders dann, wenn sie die Lebendigkeit der Menschen einschränken oder nur dem eigenen Ego dienen). Im Artikel „Ein Augenblick ohne Wertung kann ein Leben verändern“ bin ich auf diese Frage schon einmal eingegangen.

Graz, am 18.3.2013

Herzliche Grüße

Heinz Peter Wallner

 

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Dr. Heinz Peter Wallner Learning to change! Dem Wandel begegnen, Komplexität meistern, auf höhere Ebenen kommen! Führungskräftetrainer, Strategie- und Changeberater, Buchautor, Vortragender, mit 25 Jahren Berufserfahrung. Leadership, Self -Leadership und Persönlichkeitsentwicklung, Umgang mit Veränderung und hoher Komplexität (VUCA Welt), Leading Change, Entscheidungsfindung und neue emotional-intuitive Führungskompetenzen für agile Führungsformen. Das ganzheitliche und kreative Design wird Sie überraschen. Web: www.hpwallner.com Takern I 109, 8321 St. Margarethen/Raab, Österreich Mobil: +43-664-8277375 Office: +43-664-8277376 Mail: wallner [at] trainthe8.com Office: office [at] trainthe8.com

7 Kommentare

  1. 1) Es lohnt sich, einmal zu probieren, auch das Werten der eigenen Handlungen und „Meinungen“ einmal ganz sein zu lassen. Erst im Training bemerkt man, wie sehr man dem „Werten“ verfallen ist. Im Würgegriff der „Wertung“ gedeiht leider aller hausgemachter Stress ganz formidabel und die Kreativität sagt leise „Servus“…..

    2) Ich bin ganz vernarrt in die blauen Flausch-Küken

    3) Danke für den tollen Artikel, der von VIELEN gelesen werden sollte und nicht nur gelesen, sondern in die TAT umgesetzt.

  2. Lieber Peter,

    ich möchte dir etwas widersprechen.

    Rilke hat Recht: Worte haben etwas Hartes, trennendes. Und dies kann wehtun.
    Nicht nur Worte, sondern auch Menschen sind getrennt und unterschiedlich. Sie machen das deutlich und das ist gut so.

    Richtig und falsch sind dabei doch nur die Oberfläche. Wenn ich dir hier widerspreche, dann doch weil ich mich an dir reiben will und dabei auf die Grenze zwischen uns verweise. Du siehst da und da etwas anders als ich. Da knirscht es zwischen uns. Und mir – Ingo – ist meine Seite mehr wert als deine.
    Dies alles hilft uns, im Kontakt etwas Spannung aufzubauen. Und Spannung ist ein zentraler Aspekt des Lebens. Wer eine lebendige Kommunikation wünscht, kommt um Spannung nicht drumrum. Sie hat auch etwas sehr lustvolles.

    Im Kontakt spürt man die Grenze, die Spannung und erlebt den gemeinsamen Raum. Das ist doch Empathie: bei sich sein und gleichzeitig den anderen verstehen. Das grenzen-, macht- und spannungslose Einssein ist doch nur die orgiastische Ausnahme im Kontakt.
    Und nur wer die Spannung zulässt kann sich gemeinsam in einen veränderten Raum entspannen (Synthese).

    Wer den Kontakt verliert bleibt tatsächlich auf sein egozentrisches Pochen des Andersseins hängen. Er benötigt den Anderen, um sich in seinem Sein zu bestärken. Und erst an der Stelle wird GFK wichtig. GFK entlässt den Konfliktpartner und bindet wieder an die eigenen Bedürfnisse an. Sie stärkt das Individuum, um es ihm zu ermöglichen, wieder in den Kontakt mit dem Gegenüber zu treten: reiben, Spannung, loslassen, entspannen …

    Ich möchte nicht reibungslos, ohne Wertungen, ohne Antworten im Kopf miteinander reden. Nur wenn die Unterschiede deutlich sind, können wir überhaupt miteinander reden.
    Ich halte es da – wie so oft – mit Wilhelm Reich. Er hat sich ausgiebig mit den Unterschieden beschäftigt. Aber Unterschiede kann man nur in Beziehung setzen, wenn man sie als Variationen einer zugrunde liegende Identität sieht.
    Es spricht nichts gegen das Abgrenzen. Aber wer die zugrunde liegende Identität mit dem Abgegrenzten in der Kommunikation nicht annimmt bleibt tatsächlich dem Macht- und Gewaltmuster verhaftet.

    Trotz aller Abgrenzung habe ich das Gefühl mit dir weiterhin in einem Raum zu sein – und das fühlt sich gut an.

    Liebe Grüße

    Ingo

  3. Lieber Ingo, danke für den Widerspruch! Ich werde Deine Seite genauer ansehen und durchdenken 🙂 Zunächst möchte ich sagen, fein, dass Du Dir die Zeit nimmst, hier zu argumentieren. Lass und die Spannung aushalten. herzliche Grüße, Peter

  4. Lieber Ingo,
    ist in den wichtigen Fragen des Lebens, also wenn wir in vollständige Widersprüche verstrickt sind, nicht immer auch das eine und das andere gut? Die Widersprüche und Polaritäten des Lebens mag ich sehr. Und ja, ich finde auch, dass gerade diese Widersprüche die „Batterie des Lebens“ sind. Widersprüche zu erleben, taucht uns in den Strom des Lebens ein. Aber ich sehe zwischen Widersprüchen und der Richtig-Falsch-Kultur keinen Zusammenhang. Widersprüche sind keine, wenn es eine logischen wahr/falsch Entscheidung gäbe. Und im Dialog der Menschen, die widersprüchliche Positionen vertreten, kann es spannungsreich hergehen, das macht auch Spaß, manchmal zumindest. Aber der gute Dialog versucht doch – so wie Du sagst – These und Antithese zu vereinen und eine Lösung auf höhere Ebene zu finden. Rechthaberei, autoritär-verblendetes „meine Sicht ist richtig und ich bin nicht einverstanden mit …“ ist doch nur die Vorstufe eines Dialogs, der noch zu keiner Synthese führen kann. Empathie ja, die brauchen wir. Richtig-falsch scheint mir wenig lebendig und daher empathielos. Vielleicht sehe ich Deinen Punkt noch nicht ganz, aber ich versuche näher zu kommen. Herzlichen Dank für Deinen Widerspruch! Peter

  5. Danke für Deinen nährenden Kommentar 🙂 Der Würgegriff der Wertung ist ein wunderbares Bild! herzliche Grüße, Peter

  6. Kleine These: Widerspruch provoziert Reibung (der Standpunkte), Reibung erzeugt Hitze und entzündet Feuer. Wer ein Feuer entfachen will (z. B. das der Veränderung) muss selber brennen. Also wird durch Widerspruch das Feuer der Veränderung am Leben gehalten? 😄

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