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Lernmodelle und die polaren Kräfte

Lernmodelle und die polaren Kräfte
by Heinz Peter Wallner

Lernmodelle und die polaren Kräfte

Meine Grundfrage heute: Warum ist der Kreis noch immer so häufig das Modell in Lernprozessen, besonders in unternehmerischen Lernprozessen? Macht es Sinn, Lernmodelle und die polaren Kräfte zu verbinden? Es geht doch beim Lernen immer um die polaren Kräfte und um das lösen von Konflikten. Beginnen möchte ich mit einem aktuellen Anlass. Der von mir hoch geschätzte Charles Handy war ein Highlight beim hochkarätig besetzten 1st Global Peter F. Drucker Forum in Wien.

Charles Handy hat sich in seinen Büchern sehr intensiv mit Lernmodellen auseinander gesetzt und gibt uns ein Kreismodell mit auf den Weg. Handy geht in seinem Buch „The Age of Unreason (1994)“ davon aus, dass sich Unternehmen stets einer sich laufend verändernden Umwelt anpassen müssen. Nur durch stete Anpassung können Unternehmen überleben.

“If you want to be in control of your change, take learning more seriously” – Charles Handy

Lernen in der liegenden Acht - polare Kräfte - Kresse-Wallner 2009: Akrylbild in Orange. Zu erkennen ist eine rote, sehr breit gemalte liegende Acht. Im Bild finden sich die großen Texte GEIST HERZ BEWEGUNG FORM in dunkler Schrift. In weißer Schrift sind etwas kleine ebenso Wörter zu erkennen: Cooper, Dimension, Fenomen.

Lernen in der liegenden Acht – polare Kräfte – Kresse-Wallner 2009

Charles Handy weiter:

„The message, I hope, is clear: the times are changing and we must change with them”. Handy sieht im Begriff Veränderung (changing) nur ein Synonym für Lernen (learning), somit ist jedes Lernmodel auch ein  Veränderungsmodell. “Those who are always learning are those who can ride the waves of change and who see a changing world as full of opportunities rather than of damages. They are the ones most likely to be the survivors in a time of discontinuity”. “If you want to be in control of your change, take learning more seriously”

(Handy, 1994, Seite 55ff).

Das “wheel of learning” von Handy:

Ausgangspunkt ist das Problem oder die Frage, bei der Suche nach Antworten greift man auf Theorien und Modelle zurück (Handy nennt das den Schritt des „befreiten Denkens“ und will von Kochbuchrezepten klar abraten), dann folgt die Praxis, wo das Wissen getestet und dann in der Reflexion ausgewertet wird. Der Kreislauf beginnt von vorne.

Weithin bekannt und in vielen Beratungsprozessen  verwendet, ist der PDCA Kreis, der auf Arbeiten von Shewhart (1931) zurück geht. Dieser Kreislauf ist das Synonym für beinahe jeden Veränderungsprozess: Plan-Do-Check-Act  – PDCA – beschreibt eine Abfolge von Handlungen, die das Ziel verfolgen, einen Prozess zu verbessern. Alle KAIZEN Aktivitäten lassen sich auf den PDCA Kreislauf zurückführen.

Der Kreis als einziges Symbol?

Die Frage nun: Warum eigentlich gibt es so viele Lernmodelle, die den Kreis als ihr Grundsymbol gewählt haben? Der Kreis soll wohl vermitteln, dass jeder Lernvorgang oder jede Veränderung im Grunde nie aufhört und ständige Wiederholung braucht. Das sehe ich durchaus positiv und als ein Fundament jedes Lernmodells. Warum aber der Kreis? Er bietet keinen Ausweg, er ist vielmehr ein Hamsterrad oder Ausdruck für „und täglich grüßt das Murmeltier“.

Bei allem Respekt vor diesen Lernmodellen, möchte ich die Grundsymbolik austauschen und auf ein neues Fundament stellen. Aus meiner Sicht gibt es viele gute Gründe, dem Kreis den Rücken zu kehren und weiter zu ziehen. Der Kreis hat einen Mittelpunkt, um den sich alles gruppiert. Alles wird in dieser Mitte aufgenommen. Er ist das Symbol der in sich geschlossenen Bewegung, das Symbol der  ewigen Drehbewegung. Seine Wirkung ist fast maschinell. Dass in diesen Lernprozess Menschen involviert sind, ist jedenfalls nicht abgebildet. Zumindest im PDCA-Kreis kommt der Mensch oder irgendein Aspekt von Menschlichkeit und Leben nicht vor. Der PDCA Kreis ist mechanisch, gefühllos, unlebendig im Ausdruck.

Mehr Spannung im Symbol des Lernens

Für den Menschen und für seine Entwicklung ist der Kreis kein guter  Ausgangspunkt. Der Kreis ist schon „eins“, der symbolisiert den Anfang, die Eins (als Zahl), das Paradies. Bekanntlich sind wir Menschen nicht bei der Eins im Paradies geblieben und somit haben wir auch den Kreis verlassen. Warum ihn dann länger als Symbol der Entwicklung akzeptieren, wenn wir längst weiter gegangen sind?

Wenn wir den Menschen zu einer Entwicklung anregen wollen, müssen wir uns auf die polaren Kräfte des Universums einlassen und ihnen begegnen wollen. Es gibt eine Zahl, die genau diese polaren Kräfte zum Ausdruck bringt und die daher das Symbol für den Anfang einer Entwicklung ist. Die Acht. Nicht zufällig wurde die Acht „hingelegt“ und zur liegenden Acht und zum Symbol für die Unendlichkeit.

Die liegende Acht und die Polarität

In der Acht finden wir den Ausdruck des Lebens. Sie beinhaltet den Gegensatz und die Harmonie, sie kann das Unmögliche integrieren und bildet somit das Leben des Menschen gut ab. „Die Acht umhüllt gleichsam den ganzen Menschen; sie zentriert ihn in seiner Wesensmitte und verbindet die tiefsten Abgründe seines Unterbewusstseins (seiner Seele) mit den höchsten Gipfeln seines Geistes“ (Benedikt, 1985, Seite 242ff). Diese polare Spannung bilden wir auch in unserer Sprache ab: Die „Acht“ steckt in der Achtsamkeit und in der Verachtung, in der Achtung und in der Macht.

Liegende Acht - Spirale - Wallner-Kresse 2009: Handskizze mit schwarzem Stift auf weißem Papier. Man sieht eine mehrfach gezeichnete liegende Acht, eine einfache liegende Acht und eine Spirale. Zusammen ergeben die beiden Symbole die Spiral-Acht, eine immer größer werdende liegende Acht.

Liegende Acht – Spirale – Wallner-Kresse 2009v2

Die Gipfel des Geistes

Der Durchlauf einer liegenden Acht gleicht einer Wanderung auf schmalstem Grad, meint Benedikt. „Rechts und links ein Abgrund, streben wir, den Blick nach vorne gewandt, den Gipfeln des Geistes entgegen“. Das gefällt mir als Motto für jeden ernsthaften Entwicklungs- und Lernprozess besonders gut. Die Acht fordert uns auf, mutig ein Vorwärts zu akzeptieren und uns selbst darauf einzuschwören, obwohl die Umkehr vielfach das Angenehmere und sicherlich Leichtere wäre.

Lernen in der liegenden Acht

Im „Lernen in der liegenden Acht“ (train the eight) durchlaufen wir die Acht in allen vier Quadranten. Geist-Herz-Bewegung-Form oder auch „Neues Denken, neue Haltung, neues Tun und neue Erkenntnis. Viel habe ich darüber schon geschrieben. „train the eight“ als Lernmodell und Programm für Veränderungen zielt auf die Meisterschaft der Menschen ab. Trainieren, üben, lernen, wird zum Fundament der Entwicklung. Die liegende Acht macht Sie zur Artistin, zum Artisten des Wandels.

Herzlich, 
Heinz Peter Wallner 
 

Weitere Artikel:

Ganzheitliche Veränderung und Lernen für Führungskräfte

Die Lösung der Aporie (Ambiguity)

Der Weltzustand vom Chaos aufwärts betrachtet

 

Meine aktuellen Bücher:

 

Dr. Heinz Peter Wallner Learning to change! Dem Wandel begegnen, Komplexität meistern, auf höhere Ebenen kommen! Führungskräftetrainer, Strategie- und Changeberater, Buchautor, Vortragender, mit 25 Jahren Berufserfahrung. Leadership, Self -Leadership und Persönlichkeitsentwicklung, Umgang mit Veränderung und hoher Komplexität (VUCA Welt), Leading Change, Entscheidungsfindung und neue emotional-intuitive Führungskompetenzen für agile Führungsformen. Das ganzheitliche und kreative Design wird Sie überraschen. Web: www.hpwallner.com Takern I 109, 8321 St. Margarethen/Raab, Österreich Mobil: +43-664-8277375 Office: +43-664-8277376 Mail: wallner [at] trainthe8.com Office: office [at] trainthe8.com

Ein Kommentar

  1. Danke für diesen interessanten Artikel! Eine einleuchtende Erklärung, warum Entwicklung in der liegenden Acht mehr Fülle bietet als in einem einfachen Kreis.
    lg
    Prof.Inetti

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